Gestresster Hund – Teil I: Der Hund braucht Ruhe
„Der Hund muss nur mal richtig ausgelastet werden!“ So lautet das Credo vieler Menschen, die einen unruhigen, nervösen, vielleicht sogar hyperaktiven Hund vor sich sehen. Und dann starten manche das volle Programm: Joggen, Agility, Mantrailing, Obedience, Bälle werfen und was es nicht alles gibt, um einen übermäßig wuseligen Vierbeiner endlich einmal richtig müde zu kriegen.
Was viele nicht wissen: Auch Über-Beschäftigung kann die Unruhe eines Hundes nicht nur steigern, sondern sogar verursachen – Stichwort „Überforderung“. Denn die Vierbeiner brauchen vor allem eines: Ruhe und Schlaf! Und die passende Beschäftigung während der aktiven Zeiten.
So viel Ruhe braucht der Hund
In rein körperlicher Hinsicht ist ein Hund durchaus in der Lage, unseren menschlichen Alltag zu begleiten. Doch sein Bedürfnis nach Ruhe ist deutlich höher, als die meisten Menschen denken.
Ein gesunder, ausgewachsener Vierbeiner braucht im Schnitt 16 bis 20 Stunden für sich allein; zum Schlafen, zum Dösen, zum Träumen… Bei einem Welpen und einem Senior sind es noch mehr.
Manche Hunde gehen von allein in ihre notwendigen Ruhe- und Schlafphasen – sofern der Mensch sie lässt. Entweder haben diese Vierbeiner es von Anfang an gelernt, oder aber die Persönlichkeit und der Charakter des Hundes begünstigen das Verhalten. Auch die Rasse mit ihren gezüchteten Anlagen kann hier durchaus eine Rolle spielen.
Grundsätzlich gilt: Je wichtiger es dem Menschen ist, den Hund in seinen Alltag zu integrieren, desto mehr und längere Ruhephasen benötigt der Vierbeiner als Ausgleich.
Sinnvolle Beschäftigung oder Überforderung?
In vielen Köpfen schwirrt die Idee, dass ausgelastete Hunde besser gehorchen und williger sind, ihren Menschen zu „folgen“. Grundsätzlich ist dieser Gedanke nicht falsch, denn Langeweile und Unterforderung fördern so manches Problemverhalten beim Hund.
Allerdings ist zu bedenken, dass der Grund, den Hund sinnvoll zu beschäftigen, nichts mit dem gepriesenen „Auspowern“ zu tun haben sollte. Vielmehr geht es darum, eine gesunde Balance zu finden zwischen Bewegung und Ruhe, Reizen und Eindrücken.
Übermäßiger Sport und stupide ablaufende Ballspiele fördern die Unruhe beim Vierbeiner und hindern ihn daran, zur Ruhe zu kommen. Ist der Hund auch sonst immer mit von der Partie, begleitet seine Menschen zu Freunden und Verwandten, auf den Wochenmarkt, ins Restaurant etc., fehlt ihm schlicht die notwendige Zeit, einfach mal abzuschalten und so richtig herunterzufahren.
Ein Mangel an Schlaf und Ruhe führt nicht nur bei uns Menschen, sondern auch bei unseren Hunden zu Anspannung, Nervosität und Konzentrationsmangel. Ein gereizter, nervöser und vielleicht sogar hyperaktiver Hund benötigt in diesem Fall nicht (noch) mehr Bewegung, sondern Ruhe, Ruhe, Ruhe!
Die Anzeichen, dass ein Hund gestresst ist und mehr Ruhe benötigt
- Der Vierbeiner ist kaum bis überhaupt nicht mehr ansprechbar.
- Er nimmt Sie kaum oder gar nicht mehr wahr.
- Er zeigt keine Orientierung an Ihnen.
- Er bellt, jault, fiept, zittert und jammert übermäßig.
- Er ist ständig in Bewegung, springt sofort wieder aus dem Sitzen oder Liegen auf.
- Die Ohren sind wachsam, seine Muskulatur ist angespannt.
- Bewegung hilft ihm nicht (mehr), zur Ruhe zu kommen.
- Er zeigt immer öfter Übersprungshandlungen; Beispiele: Er beißt in die Leine, springt in nervöser Art und Weise Menschen an, buddelt übermäßig etc.
- Er verweigert sein Futter.
- Er fordert mehr Bewegung ein, wird einfach nicht „richtig müde“.
Zunächst einmal ist Stress grundsätzlich nicht als negativ oder positiv zu sehen. Er gehört zum Leben einfach dazu und hat sogar eine äußerst sinnvolle Funktion. Er versetzt den Körper beispielsweise bei Bedarf in Alarmbereitschaft. Ein klassisches Beispiel: Vor uns taucht eine Klapperschlange auf. Wir erkennen die Gefahr, unser Körper macht sich zur Flucht bereit, pusht die entsprechenden Funktionen und fährt die nicht notwendigen herunter. Nicht selten wächst der Mensch in solchen Situationen über sich hinaus und rennt schneller als jemals zuvor. Tieren geht es genauso.
Es ist also nicht nötig und auch gar nicht möglich, unsere Hunde vor jeglichem Stress zu schützen. Der Vierbeiner braucht jedoch unbedingt die Möglichkeit, sich von stressigen Situationen und Erlebnissen zu erholen. Kann er dies nicht, entsteht schnell ein Teufelskreis, denn auch Schlafmangel führt zu Anspannung und Stress, langfristig zu vielen gesundheitlichen Problemen und zu sogenanntem „Problemverhalten“.
Unsere Aufgabe als Hundehalter ist es, unserem Hund beizubringen, wie er zur Ruhe kommen kann, wenn er dazu selbst nicht (mehr) in der Lage ist.
Warum sind Hunde unruhig?
Haben Sie die Bedürfnisse Ihres Hundes gestillt? Er ist satt, konnte seine Geschäfte erledigen und seinem Bewegungsdrang folgen? Und trotzdem kommt er nicht zur Ruhe? Schauen wir uns mögliche Gründe dafür an:
- Die Rasse ist einfach so: wachsam, aktiv, immer auf dem Sprung.
- Hinzu kommen möglicherweise die Gene und vielleicht auch eine ungünstige Entwicklung oder Erziehung.
- Dem Hund fehlt eine ausreichende Frustrationstoleranz und Impulskontrolle.
- Er hat nicht gelernt, dass und wie er zur Ruhe kommen kann.
- Es gibt Stressoren im Hintergrund, die wir Menschen als solche gar nicht wahrnehmen.
- Der Hund nimmt unsere Stimmung (Ärger, Trauer, Frust etc., aber auch Freude und Glücksgefühle) wahr und reagiert darauf mit Unruhe.
- Er leidet unter einer Schilddrüsen-Überfunktion.
Lassen Sie Ihre Fellnase in Hinblick auf den letzten Punkt vom Tierarzt checken. Ist die Schilddrüse in Ordnung, ist das eine gute Nachricht. Denn: Jeder Hund kann lernen, zur Ruhe zu kommen und sein Schlafbedürfnis zu befriedigen. Wie? Das erklären wir Ihnen im nächsten Artikel zum Thema.
Wir hoffen, euch hat unser Blogartikel gefallen! Bei Ideen, Anregungen oder Korrekturwünschen bitten wir um einen Kommentar 🙂
Euer 4Pfoten-Urlaub-Team